Schnieders Führerscheinreform und der Simulator: Gamechanger oder Fehlstart?

Junge Junge, jetzt sind wir bei Teil 4 meiner Serie zur Schnieders Führerscheinreform angekommen – und diesmal geht’s an ein Thema, das gerade viele elektrisiert: den Simulator.

Schnieder will Simulatoren stärker in die Ausbildung holen. Und nicht nur so ein bisschen „nice to have“, sondern richtig: Schaltnachweis komplett im Simulator, Prüfung danach im Automatikauto, fertig.

Klingt erstmal nach: weniger Stress, weniger Kosten, weniger Fuhrpark.
Aber genau hier kommt die EU um die Ecke – und macht die Sache kompliziert.


Was Schnieder eigentlich will

Der Reformvorschlag ist glasklar:

  • Simulatoren sollen verstärkt genutzt werden.
  • Die Kompetenz, einen Schaltwagen zu führen, soll vollständig im Simulator erlernbar sein.
  • Fahrschulen müssten dann keine Schaltwagen mehr vorhalten.
  • Die praktische Prüfung kann im Automatikfahrzeug stattfinden.

Die Idee dahinter ist simpel: Kosten runter.
Eine Simulatorstunde ist – in der Vorstellung – günstiger als eine Realfahrstunde. Und wenn Schalten komplett im Sim läuft, werden viele Schaltstunden auf der Straße überflüssig.

Für Fahrschulen bedeutet das:
weniger Fahrzeuge, weniger Logistik, weniger Fuhrpark-Ballast.
Mutig ist es auch. Aber ich sag’s ganz offen: Ich würde’s kaufen.


Warum das aus meiner Sicht Sinn ergibt

Jetzt kommt der Teil, den manche nicht gern hören:

Schalten, Kuppeln, Schleifpunkt, Tastgeschwindigkeit … das ist ein komplexer Handlungsalgorithmus.
Und genau dafür frisst man heute viele Fahrstunden.

Für Verkehrssicherheit ist es aber ziemlich egal.
Fahranfänger sterben nicht, weil sie den ersten Gang nicht finden.
Wenn Schnieders Kompass auf „Führerschein muss billiger werden“ steht – dann ist dieser Hebel logisch.

Ich wünschte mir zwar, er würde gleich das ganze Thema Automatikeintrag / Schlüsselzahl 78 beerdigen.
Aber gut – das dauert wohl noch ein paar Jahre.


Und jetzt der Knaller: Die EU funkt dazwischen

So gut die Idee ist: Die 4. EU-Führerscheinrichtlinie spricht dagegen.

Sie ist am 26. November 2025 in Kraft getreten und muss ab 26.11.2029 in den Mitgliedstaaten angewendet werden.

Was steht drin?
Sinngemäß:

  • Wer die Prüfung im Automatikauto macht, bekommt Schlüsselzahl 78.
  • Diese 78 kann gelöscht werden, wenn eine zusätzliche Schalt-Prüfung absolviert wird (heute kennen wir das als B197-Modell).
  • Entscheidend:
    Jeder Schulungsteilnehmer muss seine Fähigkeiten im Realverkehr nachweisen. Mindestens 7 Stunden auf öffentlichen Straßen mit Handschalter.

Da steht nichts von Simulator.
Im Gegenteil: Die Richtlinie sagt ausdrücklich Realverkehr.

Heißt:
Schnieders Plan „kompletter Schaltnachweis im Simulator“ wäre ab 2029 ein glatter EU-Verstoß.

Und genau deshalb ist es so spannend, dass Schnieder auf dem Fahrlehrerkongress plötzlich nur noch von „ergänzend“ spricht.
Kein Wort mehr vom vollständigen Schaltnachweis im Sim.
Das riecht danach, dass dieses Dilemma inzwischen auf dem Tisch liegt.


Simulator ist nicht gleich PlayStation

Ein zweiter Punkt wird gerade völlig wild diskutiert:
Wann ist ein Simulator ein anerkannter Simulator – und wann ist es einfach eine Spielekonsole?

Die BASt hat dazu bereits einen Entwurf.
Und die Anforderungen sind… na ja… Loriot hätte gesagt: übersichtlich.

Kurzfassung:

  • realitätsnahe Nachbildung der Fahraufgaben
  • Screenrecording zur Nachbesprechung
  • mind. 34-Zoll-Bildschirm
  • Lenkrad, Pedale, Schaltkulisse, Ton

Das ist keine Raketenwissenschaft.
Das ist im Kern ein Setup, das man technisch auch low-budget bauen könnte.
Und genau deshalb muss man aufpassen, bevor man sich von Hysterie zu einem 30- oder 40-Tausend-Euro-Kauf treiben lässt.


Was bedeutet das jetzt für dich als Fahrschule?

Ich geb dir meinen Stand heute in fünf klaren Punkten:

  1. Baue dir ein System für Handlungsabläufe.
    „Autofahren im Kopf“ ist aktueller denn je. Simulator kann das ergänzen – aber das Konzept muss dir gehören.
  2. Arbeite mit dem Fahraufgabenkatalog.
    Klasse B hat 16 Fahraufgaben.
    Der Algorithmus steht drin. Das ist dein didaktisches Gold.
  3. Mach diese Abläufe digital verfügbar.
    Egal ob BookStack oder dein eigener Wissenshub:
    Schüler müssen trainieren können – wann und wo sie wollen.
  4. Wenn du einen Simulator hast: nutz ihn.
    Aber integriere ihn sauber in Fahraufgaben & Unterricht.
    Nicht als teures Spielzeug.
  5. Wenn du keinen Simulator hast: bleib ruhig.
    Schnieder rudert gerade erkennbar zurück.
    Und EU-Recht ist EU-Recht.

Fazit

Der Simulator-Vorschlag in der Schnieders Führerscheinreform hat echtes Potenzial.
Kosten runter, Fuhrpark runter, didaktisch sauberer Fokus auf relevante Dinge – ich bin dabei.

Aber Stand heute ist klar:
So wie Schnieder es formuliert hat, kollidiert es mit EU-Recht.
Und bevor irgendwer in Panik 30.000 Euro in Hardware steckt, sollten wir erst verstehen, wie das politisch gelöst werden soll.

Bis dahin gilt:
Nicht hype-getrieben reagieren – sondern strategisch bauen.
Und genau da liegt deine Chance.

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