Ich ärgere mich auch darüber! Da sitzt mein Fahrschüler neben mir im Auto. Seine Theorie hat er mit Null Fehlern bestanden. Ich wiederhole: NULL. Und im Auto habe ich nun das Gefühl, der kennt kein einziges Verkehrszeichen. Das ist doch Mist! Für meinen Teil stelle ich das jetzt ab. Sofort. Im Hartig-Blog für den Februar 2019 lesen Sie wie ...

Wir reden über das Phänomen "Bulimielernen". In meinen Worten formuliert bedeutet das folgendes: Inhalte anfressen - punktgenaues Auskotzen - Speicher löschen - nächstes Thema anfressen - usw. 

Bulimielernen ist ein verächtlicher Ausdruck für eine Lernstrategie. Und ich möchte an dieser Stelle allen Leserinnen und Lesern klar zum Ausdruck bringen, dass der Begriff Anlehnung an ein sehr ernstes Krankheitsbild nimmt. Wenn ich in diesem Blog über Bulimielernen berichte, beziehe ich mich ausschließlich auf die Lernstrategie. Es ist nicht mein Ansinnen, das Krankhheitsbild zu diffamieren!

Zurück zur Lernstrategie. Googelt man den Begriff, findet man 378.000 Ergebnisse. Interessanterweise wird der Begriff auch mit positiven Aspekten in Verbindung gebracht. Bulimielernen sei eine erfolgreiche Lernstrategie. Zahlen unterfüttern das. Immer mehr Studenten erreichen Hochschulabschlüsse. Und noch verwirrender: Die Noten dabei werden immer besser.

Das ist doch Mist!

Ich will keine Bildung, die auf Auswendiglernen fußt. Ich möchte doch, dass der Arzt, der an mir schnippelt, versteht, was er da tut. Ich möchte, dass der Zimmermann versteht, warum der Dachstuhl, den er über meinem Kopf zusammennagelt, auch bei 1,5 Meter Schhneelast trägt. Und ich möchte einen Fahhrschüler, der nicht einfach irgendwelche Verkehrsregeln auswendig lernt, sondern den Sinn, den Zusammenhhang versteht!

Verstehen statt auswendig lernen?

Ja, so hätte ich es gerne. Aber Sie merken schon, ich habe hinter den Satz oben ein Fragezeichen gestellt. Beobachten Sie sich bitte einmal selbst. Sie haben auch schon mal auswendig gelernt. Bei mir trifft das immer dann zu, wenn ich hinter dem was ich da lernen soll, keinen oder wenig Sinn vermute. Spontan fällt mir da jetzt das Fach Geschichte in der Schule ein. Ich spreche für mich: Ich habe seinerzeit überhaupt keinen Sinn darin gesehen, irgendwelche Jahreszahlen von irgendwelchen Kaisern, Königen, Epochen oder Kriegen zu lernen. Es hat mich nicht interessiert. Punkt. Und was habe ich gemacht: Auswendig gelernt und damit meine Prüfung bestanden. Natürlich bringe ich heute keine einzige Jahreszahl mehr zusammen. Und natürlich wünschte ich mir, das wäre anders. Aber in der damaligen Situation war es für mich erfolgreich. Gelernt. Test. Bestanden. Ruhe.

Meine Freundin Jutta kann übrigens heute noch jede Menge Zahlen, Daten und Fakten aus dem Geschichtsuntericht. Es hat sie auch interessiert. Jutta sind die Ereignisse aus der Vergangenheit regelrecht zugeflogen. Sie hat für sich einen Sinn darin gesehen.

Der Schlüssel liegt also im Sinn!

 Klar, werden Sie sagen. Und die Regeln für den Straßenverkehr machen doch Sinn. Und genau deswegen sollen meine Fahrschüler das auch verstehen!

STOP. Es wird jetzt kniffelig. Lassen Sie sich bitte kurz auf meine Denke ein. Wir brauchen nämlich Schärfung der Begrifflichkeiten. Und damit wir das ordnen können, schmeiße ich zwei in die Runde:

  1. Fahrstundenwissen
  2. Prüfungswissen des amtl. Prüfungsfragenkatalogs


Der amtliche Prüfungsfragenkatalog

Er hat knapp 1.100 Fragen für den Ersterwerb Klasse B. Sie kennen ihn. Und nun die Killer Frage: Halten Sie die Prüfungsfragen für sinnvoll? Nein. Zumindest nicht alle, oder? Und wenn Sie daran zweifeln, dann lassen Sie uns doch bitte mal Schritt für Schritt durch den Katalog gehen. Also ich finde da jede Menge Fragen, die zweifelhaft sind. Teilweise fühle ich mich in die Steinzeit zurückversetzt. Mit dem echten Leben hat das nur bedingt was zu tun. Und eigentlich kommt es noch schlimmer: Ertappen wir Fahrlehrer uns nicht manchmal dabei, einem langjährigen Autofahrer vorzuhalten, er würde eine heutige Theorieprüfung keinesfalls bestehen? Komisch. Trotzdem hat er offensichtlich die letzten Jahrzehnte da draußen im Verkehr überlebt. "Weil die anderen aufpassen", werden Sie sagen. Aber die würden auch keine Theorieprüfung bestehen.

Und jetzt: Haltung bitte!

Sie haben es gemerkt. Ich halte nicht so viel von den amtlichen Prüfungsfragen. Aber ich halte auch nichts von dem Gejammer, welches jetzt üblicherweise losgeht: "Da müsste doch mal endlich der Gesetzgeber ....". "Die Verbände sollten da ...". "Sitzen den da nur weltfremde I*****, die das entscheiden ...".

Kommen Sie in Haltung. Suchen Sie nach einer Lösung. Und zwar für Ihre Schüler. Schließlich werden Sie dafür bezahlt. Wer auf den Gesetzgeber wartet, schiebt die Verantwortung auf andere. Der bleibt bequem. Ich verurteile diese Haltung nicht. Ich selbst kann damit jedoch nichts anfangen.

Wie geht sie nun, die Lösung?

Ich hätte einen Vorschlag in drei Schritten, mit dem wir übrigens in immer mehr Fahrschulen ganz hervorragende Erfahrungen machen:

  1. Sie trennen Bulimiewissen von Fahrstundenwissen und übergeben damit Verantwortung an Ihre Schüler.
  2. Sie gestehen sich selbst ein, das Bulimielernen für den Bulimieteil des amtlichen Prüfungsfragenkatalogs absolut ok ist und sind ab sofort kein Verkäufer mehr für Dinge, hinter denen Sie eigentlich selbst nicht zu 100% stehen.
  3. Sie werden in Ihrem Theorieunterricht der Guru für das Fahrstundenwissen, bieten damit Ihren Kunden einen echten Sinn und bereiten sie top auf die Fahrstunde vor.


Der Status quo.

Ja. Bei allem was wir tun glauben wir daran, den Status quo in Frage zu stellen. In Zeiten des Wandels bietet mutiges Andersdenken die Möglichkeit, Zukunft zu gestalten. Fahrschule wandelt sich. Ausbildungskonzepte die 40 Jahre erfolgreich waren, bieten keine Garantie dafür, dass sie heute zeitgemäß sind. Fragen sie bei NOKIA nach, oder KODAK oder bald auch bei deutschen Automobilherstellern.

Wenn Sie liebe Leserin, lieber Leser Lust haben, den Status quo in Frage zu stellen, wenn Sie für sich einen Sinn darin erkennen, Wandel zu gestalten, Ausbildungssysteme zu hinterfargen, dann haben wir als FORTBILDUNG33.de in dem Modulen FAHRAUSBILDUNG3.0, THEORIE3.0, MENTAL REPLAY & Co. sehr viele Gedanken und Do How, Sie dabei zu unterstützen.

In diesem Sinne und mit den besten Grüßen

Ihr Nils Hartig im Februar 2019