Wir steigen gleich mit einer Definition ein: Laut Wikipedia bezeichnet "Priorität (lateinisch prior = der Vordere) im Allgemeinen den Vorrang einer Sache. Dabei kann sich der Rang aus der zeitlichen Reihenfolge von Ereignissen ergeben (Dringlichkeit) oder umgekehrt eine Reihenfolge aufgrund einer Bewertung (Priorisierung) festgelegt werden". Warum wird das für gut laufende Fahrschulen immer wichtiger? Was bedeutet das für Ihre Praxis? Mehr im aktuellen Hartig-Blog.
Ich finde diese Wikipedia-Definition da oben spannend. Der Vorrang einer Sache kann sich
a) aus der zeitlichen Reihenfolge oder
b) auf Grund einer Bewertung
ergeben.
Wie ist das bei Ihnen? Mit Ihren Fahrschülern. Und evtl. dem Berg an Fahrschülern, den Sie abarbeiten? Nach welcher Reihenfolge tun Sie das? Wie entscheiden Sie, wer Fahrstunden bekommt und wer "geschoben" wird? Machen Sie das chronologisch? Qualitativ? Oder Zufall? Lassen Sie uns das mal ordnen.
Zeitliche Reihenfolgen
Da gibt es im Fahrschulbetrieb bei der Ausbildung von Fahrschülern einige. Dem Prüfauftrag geht die Antragstellung voraus. Die Theorieprüfung braucht den Prüfauftrag. Und natürlich den Nachweis für den Theorieunterricht. Eine praktische Prüfung braucht zuvor das Bestehen der Theorie sowie das Feststellen der Prüfungsreife. Und dann gibt es ja noch das Mindestalter. Diese Liste lässt sich weiterführen. Sie kennen das: Fahrschulen legen die Reihenfolge, nach der sie ihre Schüler ausbilden, sehr oft nach diesen Gesichtspunkten fest. Müssen sie auch. Schließlich handelt es sich um gesetzliche Vorschriften.
Weiche Kriterien
In den weichen Kriterien steckt für mich Gewohnheit, Nostalgie und manchmal auch Eigennutz. Und Achtung: Ich bin hier immer noch bei den zeitlichen Reihenfolgen! Was meine ich damit?
Die Reihenfolge der Ausbildung von Fahrschülern hat was mit seinem Geburtstag zu tun. Schließlich hatten wir unseren Führerschein doch auch mit dem 18. in der Tasche. Auch der Anmeldezeitpunkt spielt eine Rolle. Ich möchte ja nicht, dass meine Kunden zwei Jahre in der Fahrschule verweilen. Dann priorisiere ich an Hand des Zeitbudgets, welches mein Kunde mitbringt. Wer öfter fahren kann, kommt eher dran. Und manchmal spielt auch der Eigennutz eine Rolle. Wenn ich beispielsweise in meinem Terminkalender eine Lücke füllen möchte.
Und wo ist der Sinn?
Ja, ich bin im Hartig-Blog-Modus. Sorry. Ich verstehe ja, dass wir Fahrschulen wie oben beschrieben verfahren. Und ja! Ich habe das in meiner Fahrschule nicht anders gemacht! Aber es ist schlicht sinnlos. Führt im Zuge des Fahrlehrermangels zu chaotischen Zuständen, maulenden Kunden, schlechter Publicity auf dem Schulhof und dauerüberlastetem Fahrschulpersonal. Also raus aus der Gewohnheit und umdenken!
Aber wie?
Ich bin wieder bei der Definition von Wikipedia. Neben der zeitlichen Abfolge gibt es auch die Möglichkeit der bewussten Bewertung. Daraus entsteht dann eine Priorisierung. Doch dafür braucht es qualitative Kriterien.
Qualitative Kriterien
Durchhalten liebe Leserin, lieber Leser. Jetzt kommt es heftig, Aber es könnte was dran sein! Ich liste Ihnen ein paar Beispiele für qualitative Bewertungskriterien:
Kriterium | Bedeutung und Aspekte |
Ausbildungskonzept | Es ist offensichtlich! Bei uns ist es die "fast lane", Sie kennen es als Intensiv-, Ferien- oder Kompaktausbildung. Das Gegenteil könnte "chill forever" sein. Und ja, danach muss priorisiert werden. |
Preismodell | Es ist nicht meine Erfindung. Aber ich sehe es überall. Wer bereit ist mehr zu bezahlen, wird schneller bedient. Das ist nicht ungerecht, sondern das Prinzip der Marktwirtschaft. Ob es nun "VIP" oder "Priority" oder sonst wie heißt. Seien Sie kreativ! |
Fertiger Stundenplan | Wer bereit ist, seine gesamte Führerscheinausbildung durchzuplanen, spart auch meine Zeit und braucht keine Priorisierung mehr. Ich glaube Sie wissen, dass aus meiner Sicht hier der Schlüssel für alle Probleme liegt. |
Meilensteine | Hier sind wir wieder ein bisschen in der gesetzlichen Chronologie. Ich würde das aber ausweiten. Beispiel: Wo kein Prüfauftrag, da keine Fahrstunde! Wer keine Theorieprüfung hat, fährt nicht! (Ich weiß, die Hessen unter Ihnen begehren jetzt auf. Lassen Sie uns nach inhaltlichen Verzahnungssystemen suchen, diese dokumentieren und endlich diese blödsinnige Forderung der Parallelität von Unterricht und Fahrstunde hinter uns lassen!) Wer nicht 4 Wochen vorausplanen kann, fährt auch nicht. Wer seine Handlungsabläufe mental nicht beherrscht, ist noch nicht bereit für die Fahrstunde (Kenner der Module Fahrausbildung 3.0 und Theorie 3.0 wissen, was ich meine). Definieren Sie 20 Meilensteine für die Führerscheinausbildung. Wer Nummer 5 nicht erreicht hat, kann nicht zu Nummer 6 wechseln. Damit stellen Sie ultimativ sicher, dass ins Auto nur kommt, wer dafür reif ist. |
Bezahlung | Ich bin sicher: Auch Sie möchten für Ihre Arbeit bezahlt werden. Klar, wer offene Rechnungen hat, kann nicht fahren. Aber auch hier ließe sich feiner differenzieren. Fahrschüler mit Vorkasse oder Lastschrifteinzug erhalten ein höheres Ranking. |
Multiplikatorstatus | Mit diesem Punkt begebe ich mich auf dünnes Eis. Und er ist auch überhaupt nicht fair. Aber er spielt natürlich eine Rolle. Es geht um den Klassensprecher, den Alphabullen, den Rudelführer. Den Multiplikator, der viel Gehör findet, und das auch weiß. |
Lernfortschritt | Grundsätzlich ist es besser, mit weniger Fahrschülern intensiv zu fahren, als mit sehr vielen parallel. Fahrschüler mit hohem Lernfortschritt oder auch mit hoher Lerngeschwindigkeit, könnten priorosiert werden. |
Merken Sie, worauf ich hinaus will? Klare Strukturen mit sinnvollen Bewertungskriterien machen eine Priorisierung erst möglich. Diese Liste ist nur ein Anfang oder ein Auszug. Und ich bin sicher, Ihnen fallen noch viele weitere Kriterien ein, die in eine Priorisierungsbewertung einfließen könnten.
Aber warum jetzt der ganze Aufwand?
Fahrlehrerressourcen sind knapp. Sie könnten sinnvoller eingesetzt werden. Mit Gewohnheit oder "Prinzip Zufall" können wir das nicht sicherstellen. Mit einem ausgefeilten Bewertungs- bzw. Priorisierungssystem schon. Es würde sicherstellen, dass Ihre Ressourcen nicht vergeudet würden. Dass Sie mit einem höheren Deckungsbeitrag Ihre Dienstleistung durchführen könnten. Auch die Kundenzufriedenheit würde steigen. Es gäbe weniger Wartezeiten, weniger Reklamationen und konfliktbeladene Anrufe. Die Verweildauer in der praktischen Ausbildung ließe sich verkürzen. Wahrscheinlich würde damit auch die schiere Zahl der Fahrstunden sinken. Die Ressource Fahrlehrer würde entlastet.
Und wie setze ich das in der Praxis um?
Mit einer ganz schnöden Tabelle. In Excel. Besser noch in einer google Tabelle, daran können mehrere Beteiligte kollaborativ (zusammen) arbeiten. Drei Schritte sind notwendig:
- Sie definieren Ihre Kriterien.
- Sie gewichten die Kriterien von 1 - 10 Punkten. Je höher die Zahl, desto bedeutender das Kriterium.
- In einen zweiten Tab kopieren Sie aus Ihrem Verwaltungsprogramm alle Fahrschüler mit zugehöriger Ausbildungsklasse in die Liste.
- Sie verknüpfen die Kriterien mit den Schülern und summieren in jeder Zeile die Punkte auf.
- Fertig ist Ihre Priorisierungsliste mit qualitativen Kriterien.
Und weil das jetzt etwas theoetisch war, haben wir Ihnen eine Mustertabelle vorbereitet. Die können Sie bei mir anfordern. Wenn Sie sich dem Thema wirklich stellen wollen.
Also los! Worauf warten Sie noch?
Ihr Nils Hartig
Im August 2018